- 1975
- Siska
Während des Kalten Krieges versuchten sowohl Ost- als auch Westdeutschland, Einfluss auf dem afrikanischen Kontinent zu gewinnen. Zwischen 1979 und 1990 zogen Tausende von ostdeutschen Lehrer:innen, Ingenieur:innen, Ärzt:innen, Berater:innen und andere Berufsgruppen im Rahmen des Freundschaftsvertrags mit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit ihren Familien nach Mosambik, um die mosambikanische Sache zu unterstützen - Bemühungen, die mit dem sozialistischen Ideal der internationalen Solidarität mit der Arbeiterklasse und anderen unterdrückten Völkern perfekt übereinstimmten. Die DDR-Bürger:innen blieben in der Regel zwischen zwei und drei Jahre in Mosambik, und viele von ihnen reisten auch im Rahmen von Arbeitseinsätzen durch das Land. Sie brachten nicht nur ihr technisches Wissen mit, sondern auch ihre Kameras.
Während meines Forschungsaufenthaltes 2016 in Deutschland erhielt ich über 2000 Dias von Interviewpartner:innen, die als sogenannte Entwicklungshelfer:innen in Mosambik tätig waren, die meisten Fotos unbeschriftet. Die hier gezeigten Fotos sind Teil meiner Dissertation über die Alltagserfahrungen von DDR-Bürger:innen in Mosambik in den 1980er Jahren. Die Sammlung porträtiert das Arbeits- und Familienleben, Ausflüge und Freizeitaktivitäten sowie Interaktionen mit Mosambikaner:innen.
Die Fotos wurden auch in einer Ausstellung in den Vereinigten Staaten, Mosambik und Deutschland gezeigt. Die Ausstellung umfasste 700 ausgewählte Bilder, die gescannt, vergrößert und auf 18 "x24"-Bögen gedruckt wurden. Diese Bilder spiegeln das individuelle Verständnis von Solidarität wider und geben einen Einblick in die Kultur der Zusammenarbeit. Gleichzeitig laden einige der Bilder aber auch zu einer Kritik an der fortwährenden "Fremdbestimmung" der Mosambikaner:innen ein, die trotz sozialistischer Bestrebungen in ein eurozentriertes Bild eingebettet war.
In meiner Arbeit fungiere ich als Ethnografin, Historikerin und Geschichtenerzählerin und untersuche die kulturell komplexen Erfahrungen einiger Ostdeutscher, die ihr Land verlassen durften, sowie das Erbe ihrer Arbeit nach der Wiedervereinigung. Diese Herangehensweise steht im Gegensatz zu der umfangreichen Forschung, die sich mit den Alltagserfahrungen in der DDR befasst hat, und sucht nach individuellen Perspektiven, während sie gleichzeitig internationale Variationen in Entwicklungs- und postkolonialen Diskursen untersucht.
Text von Katrin Bahr
Auf dem Blog Third Generation Ost – USA gibt es weitere Informationen zu ihrer Reise: http://thirdgenerationost.com/travelling-mozambique-family-history-and-search-for-traces/
Bahr, Katrin. “Between State Mission and Everyday Life: Private Photographs of East Germans in Mozambique in the 1980s.” Navigating Socialist Encounters: Moorings, Exchanges and (Dis)entanglements between Africa and East Germany. Eds., Harisch, Immanuel R., Anne Dietrich, Marcia C. Schenk, and Eric Burton. Berlin: De Gruyter, 2021, 319-349. https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110623543-013/html (open access)