Reisen der Künstlerin Antje Fretwurst-Colberg
- 1986
- 1988
- Antje Fretwurst-Colberg
- Wilhelm Fretwurst
- Núria Quevedo
Privatbesitz Antje Fretwurst-Colberg. Foto: Antje Fretwurst-Colberg.
Antje Fretwurst-Colberg (geb. 1940 in Hamburg) studierte ab 1967 Malerei und freie Grafik bei Arno Mohr an der Kunsthochschule Weißensee in Ost-Berlin. Sie unternahm im Laufe ihrer künstlerischen Laufbahn viele Reisen, über die sie in einem per E-Mail geführten Interview berichtet hat:
„Zu DDR-Zeiten habe ich mehrere Reisen erlebt, die vom Verband Bildender Künstler Berlin ausgerichtet waren. In die Städte Moskau und Leningrad reisten wir, zu großen Ausstellungen. Die Teilnehmer kamen aus verschiedenen Sparten des VBK Berlin.
Eine Reise führte 1982 nach Moravany (Slowakei) und war ein internationales Maler-Pleinair. Es ging über drei Wochen, und wir konnten unsere noch nicht schulpflichtigen Kinder mitnehmen, dort gut arbeiten und uns austauschen.
Ich war auch an einer Reise nach Mittelasien, (wie man damals noch sagte,) beteiligt, die in die Hauptstädte der einzelnen Sowjet-Republiken führte und bis Samarkand ging. Das war eine Gruppenreise, die von Reisebegleitern aus den jeweiligen Sowjet-Republiken geführt wurde. Wir durften uns selten von ihnen entfernen und eigene Wege gehen. Manchmal gelang das kurzzeitig.
Künstlerisch arbeiten konnten wir dabei nicht. Schon die Gruppendynamik machte das schwierig. Und es war auch nicht erwünscht, in Orten bzw. Landschaften zu zeichnen.
Als junge Studentengruppe reisten wir von der Kunsthochschule Berlin Weißensee aus nach Poznan (Polen) zu einer "Legèr-Ausstellung", die sehr beeindruckend für uns war.
Auch nach Leningrad zum Besuch der dortigen Kunsthochschule reisten wir als Studentengruppe. Das wurde von unserer Hochschule organisiert. Einige Freundschaften mit damaligen russischen Studenten werden bis heute gepflegt.
Eine der Reisen führte nach Rumänien. Auch dort war es nicht erwünscht, in der Landschaft zu zeichnen. Aber wir haben auf allen Reisen die Museen und Ausstellungen besucht, Menschen kennen gelernt. Das hat uns sehr bereichert!
Die Reisen, von der Hochschule bzw. vom VBK aus, wurden immer von den Institutionen finanziert.“
Reise nach Kuba 1986
„Unsere Reise, denn wir waren zu zweit: Núria Quevedo, die Malerin, die in Spanien geboren wurde, spanische Eltern, einen spanischen Pass hatte, aber schon seit der Kindheit in der DDR lebte, und ich.
Núria Quevedo hatte zum internationalen Festival "Lateinamerika, Afrika, Asien", 1986 in Havanna, eine Einladung bekommen und wurde daraufhin vom Verband Bildender Künstler zu diesem Festival delegiert. Sie durfte sich eine Begleiterin mitnehmen. So kam ich, als DDR-Bürgerin, zu dieser Reise mit ihr. Wir vertraten beide den Verband Bildender Künstler der DDR auf diesem Festival. Es war ein Festival der Kulturen, vor allem der Bildenden Künste, der Musik, des Filmes, des Zusammentreffens von Menschen. Es fand damals, ich weiß nicht wie viele Jahre insgesamt, alle 2 Jahre in Havanna statt.
Wir haben in einem guten Hotel in Havanna gewohnt und konnten uns frei bewegen, uns die Ausstellungen, Konzerte, und die offiziellen und privaten Treffen der Künstler miteinander aussuchen, besuchten auch einige Künstler in ihren privaten Ateliers und Wohnungen in Havanna. Anlässlich der offiziellen Treffen des kubanischen Künstlerverbandes, zu denen extra eingeladen worden war, bekam ich einen Dolmetscher. Besonders interessant war es für uns, die Kunsthochschule von Havanna zu besuchen und in der dortigen Druckwerkstatt auch arbeiten zu können. Dort entstand eine Kaltnadel-Radierung von mir. Wir trafen auch Künstler aus anderen Ländern, die dort arbeiteten, sahen der Drucktechnik eines Japaners zu, der seine Holzschnitte druckte. Und wir sahen der Art zu, wie es die (anwesenden) Lateinamerikaner machten, die sehr viel, fast alles Handwerkliche, und natürlich das Drucken, dem Drucker überließen. Der stellte nach ihrem Entwurf die Radierplatten her. Das kannten wir gar nicht. Bis zum Probedruck für eine Auflage machten wir alles Handwerkliche selbst. So hatte es auch unser Berliner Professor Arno Mohr gehalten und es uns gelehrt.
Wir trafen auch einen befreundeten Kunstwissenschaftler aus Ost-Berlin. Durch ihn und durch neue Freundschaften bekamen wir Einladungen und Adressen, um anschließend durch das Land reisen zu können. Das taten wir, und das war eine ganz private Reise, die wir mit Bussen unternommen haben. Sie führte uns in die Stadt Trinidad und bis nach Santiago de Cuba, ganz im Süden der Insel. Dort waren wir Gäste des "Centro Cultural" das in erster Linie ein Grafikzentrum war. Aber auch Bildhauer arbeiteten dort.
Diese Reise war ein großes Erlebnis und auch für unsere eigene künstlerische Arbeit sehr anregend. Nach unserer Rückkehr entstanden Arbeiten zum Thema Kuba. Ich malte Gouachen, die ich auch wenig später In der "Galerie 100" in Berlin Hohenschönhausen ausstellte. Inzwischen waren sie mehrfach zu sehen, zuletzt 2021 im "Fischlandhaus" Wustrow, zusammen mit Druckgrafiken von mir. Es gibt auch Radierungen, die im Zusammenhang mit dieser Reise entstanden sind. Inzwischen besitze ich nicht mehr alle, aber noch die meisten dieser Gouachen und Grafiken.“
Privatbesitz Antje Fretwurst-Colberg. Foto: Ante Fretwurst-Colberg.
Reise nach Mexiko 1988
Mein Mann, Friedrich Wilhelm Fretwurst und ich reisten 1988 nach Cuernavaca in Mexiko. (Unsere drei Kinder blieben in Berlin!)
Es war ein Austausch mit mexikanischen Künstlern aus dieser Stadt: Das Ehepaar Carlos und Estella Kunte, er Maler, sie Bildhauerin, war mit dem DDR- Handelsattaché mit Sitz in Mexiko-Stadt, bekannt. Sie planten eine Reise in einige europäische Hauptstädte und deren Museen. Da sie auch die DDR besuchen wollten, baten sie ihn um die Vermittlung eines Künstler-Ehepaares in Ost- Berlin, mit dem ein Austausch stattfinden könnte. Das gewünschte Paar sollte nach Möglichkeit spanisch sprechen, unbedingt aber englisch, und sollte verheiratet sein. Auf uns traf das zu. Ich hatte nach der Cuba-Reise spanisch gelernt.
Wir flogen nach Mexiko-Stadt, von dort aus mit dem Auto der Gastgeber weiter nach Cuernavaca, wo wir auch bei ihnen im Haus wohnten. Durch sie, ihre Freunde und ihren Sohn geführt, kamen wir an viele Kulturstätten und in Museen des Landes. Nach Mexiko City konnten wir eigenständig fahren und das umfangreiche, beeindruckende Museum in Mexiko-Stadt sehen, das Frida Kahlo-Haus und -Museum und Diego Riveras Kunst. (Unsere Gastgeber waren immer sehr besorgt um uns, da es nicht ganz ungefährlich war, sich als Ausländer frei im Land zu bewegen). Wir haben aber eine eigenständige, größere Reise mit dem Linienbus nach Oaxaca gemacht, die dortige bedeutende Pyramide auf dem Monte Alban besucht, und vor allem das Orozco- Museum, haben uns mit dessen expressionistischen Bildern befassen können, und mit mexikanischer Wandmalerei, wie vorher schon mit den Werken Riveras.
Auf dem flachen Dach des Hauses unserer Gastgeber konnte man sich gut aufhalten und dort an Aquarellen und Zeichnungen, an unmittelbaren Reaktionen auf unsere Reiseeindrücke, arbeiten. Von diesen Arbeiten wurden fast alle in einer Ausstellung verkauft, die kurz nach unserer Reise, in der "Galerie unter den Linden", in Berlin stattfand. Das war zu einer Zeit, kurz vor der "Wende", als es noch die DDR-Mark gab, als aber West-DM 1:10, z.B. am Bahnhof Friedrichstrasse, umgetauscht werden konnte, und mancher BRD-Bürger mit Packen von DDR-Mark in Galerien und Buchhandlungen billig einkaufte.“
Nach der deutschen Wiedervereinigung unternahmen Antje Fretwurst-Colberg und ihr Mann Friedrich-Wilhelm Fretwurst vielzählige private Auslandreisen, die sie bis heute künstlerisch verarbeiten. So fuhren sie u.a. nach Frankreich, Dänemark, Schweden, Holland, Litauen und Marokko. Weitere Einblicke in Antje Fretwurst-Colbergs Werk und Vita finden sich auf ihrer Website: http://antje-fretwurst-colberg.de/