Erinnerungen an verschiedene Reisen. Ein Gespräch mit Johannes Heisig
- 1978
- 1985
- 1979 — 1980
- 1986
- 1989
- Johannes Heisig
- Trak Wendisch
- Peter Makolies
- Hubertus Giebe
Johannes Heisig studierte von 1973 bis 1977 Malerei und Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Anschließend war er Meisterschüler bei Gerhard Kettner an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, wo er ab 1980 lehrte und ab 1988 Inhaber der Professur für Malerei und Grafik wurde. Somit war es Heisig ab den späten 1980er Jahren möglich, durch ein Dauervisum Westberlin zu besuchen. Doch auch zuvor ergaben sich einige Reisemöglichkeiten für den Künstler.
Noch während seines Kunststudiums unternahm Johannes Heisig eine Studienreise in die Sowjetunion. Kurz darauf, im Jahr 1978, durfte er in Westberlin eine Karl-Hofer-Ausstellung besuchen. Im Interview mit Art in Networks erinnert sich der Künstler an diese prägenden ersten Erfahrungen, berichtet von bürokratischen Abläufen und Schwierigkeiten und inwiefern die Reisen sein künstlerisches Schaffen, seine persönliche Entwicklung und seinen Blick auf die Welt beeinflusst haben.
Nach seinem Diplom ergab sich durch ein Stipendium 1979/1980 die Gelegenheit eines zehnmonatigen Aufenthaltes in Zürich. Diese Zeit habe ihn, wie er sagt, stark geprägt. An der privaten Schule für Gestaltung f+f war er einer von wenigen Maler:innen. Wie auch beim Reisen nutzte er die Zeit an der Schule weniger für die unmittelbare künstlerische Übersetzung seiner Erlebnisse als für das Sammeln von Lebenserfahrung – die seine Arbeit implizit prägte und in späteren Werken zu Themen weiterentwickelt wurde, wie zum Beispiel Lyrik bei Bob Dylan.
Von der Zeit aus Zürich zeugt heute das Gemälde „Ein Irrtum (für Eugen in Pretoria)“. Es ist 1987 retrospektiv aus der Begegnung und anhaltenden Freundschaft mit einem Studenten aus Südafrika entstanden und spiegelt deren Beziehung, vor allem vor dem Hintergrund der Besprechung politischer Ereignisse wider.
Den Aufenthalt in der Schweiz nutzte Heisig auch zum Reisen, was ihn von Seiten der DDR-Behörden untersagt worden war. Er ließ sich sein Visum außerhalb des Reisepasses ausstellen und trampte nach Paris, wo er sich Filme im Kino ansah und Ausstellungen besuchte. Der Kurztrip war durchaus mit der Sorge verbunden aufzufliegen und somit zukünftigen Anwärter:innen aus der DDR die Chance auf ein Stipendium zu verbauen. Als Sohn des Künstlers Bernhard Heisig, habe man ihm vermutlich diesen Vertrauensvorschuss gegeben – so der Künstler im Interview.
Als Mitglied im Verband Bildender Künstler wurde Johannes Heisig auch für kulturpolitische Zwecke delegiert. Im Jahr 1985 gab es eine Annäherung zwischen den Kunstverbänden Chinas und der DDR, deren Beziehungen durch die Kulturrevolution Chinas und die damit verbundene Distanzierung der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten zeitweise stark reduziert bis aufgehoben waren. Neben den kulturpolitischen Verpflichtungen unternahm die Delegation, zu welcher unter anderen noch der Künstler Peter Makolies zählte, auch Ausflüge zu repräsentativen Kulturdenkmälern und Museen oder besuchte Künstler:innen.
Weniger offiziell bereiste Johannes Heisig ein Jahr später Orte in Indien, während er sich von der dortigen Delegation gelegentlich abseilte. Anlass der Reise bildete die Teilnahme der DDR an der VI. Triennale of India New Delhi, bei welcher auch Werke des Künstlers gezeigt wurden. Von den drei weiteren dort vertretenen Künstlern reiste außerdem Hubertus Giebe mit.
Von 1989 bis 1991 war Johannes Heisig Rektor der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Noch im Spätsommer 1989 unternahm er, gemeinsam mit dem befreundeten Künstler Trak Wendisch, eine Reise nach Italien. Bereits kurz nach ihrer Ankunft erreichten sie die turbulenten Ereignisse, die sich zeitgleich in Dresden abspielten, weswegen die Reise frühzeitig beendet werden musste. Im Interview erinnert sich der Künstler an den 'Frühlingssalon' an der HfBK, sowie die Geschehnisse in Dresden und den Hochschulalltag kurz vor und nach der Grenzöffnung im Herbst 1989.